Hávamál – Der Walküre Rat
Das rat ich zum ersten – ich rate dir wohl:
Freundschaft bewahr ohne Flecken;
Erfuhrst du selbst Böses, nicht büß es der Freund,
sonst taugt es dir, sag ich, zum Tode.
Das rat ich zum anderen: Eide nicht schwör,
es seien denn wahrhaftig wahre,
Denn ewige Strafe auf Eidesbruch steht,
auf elende Schändung des Schwures.
Das rat ich zum dritten: Laß vor Gericht
nicht ein dich mit törichten Tröpfen;
Gar leicht unterliegt sonst der klügere Mann
dem schlechten Geschelte der Schelmen.
Das rat ich zum vierten: Rast mir nicht
am Wege im Hause der Hexe,
Denn Gehn ist da besser als bleiben zu Gast
und ob auch die Nacht dich ereilte.
Das rat ich zum fünften: Siehst du den Reih´n
holdblühender Frau´n auf den Bänken
Laß rauben dir nicht durch die Schönen den Schlaf,
noch locke sie lüstern zum Kusse.
Das rat ich zum sechsten: Redet im Rausch
gar mancher zuviel auch beim Mahle,
Vermeide mit trunkenem Manne den Streit:
allen Witz hat der Wein ihm genommen.
Das rat ich zum siebten: Wenn Rache dich ruft
zum Streite mit mächtigem Manne,
Dann schlage dich lieber um Leben und Gut,
als in brennender Burg zu verderben.
Das rat ich zum achten: Achte das Recht,
und fliehe die Falschheit und Lüge,
Verführe nicht Mädchen und ehliche Fraun
zu lüsternen Spielen der Liebe.
Das rat ich zum neunten: Bestatte zur Ruh,
wen tot du gefunden im Felde;
Ob siech er gestorben, ertrunken im See,
oder ob ihn das Schwert hat erschlagen.
Das rat ich zum zehnten: der Rede nicht trau
des Manns, dem du fälltest den Vater;
Im Sohn deines Feindes ein Wolf dir erwächst,
und nahm er auch willig das Wehrgeld.
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